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Licht auf die Dunkelheit

Licht auf die Dunkelheit · Lichtverschmutzung betrifft uns alle! · Seit Beginn des Lebens hat der natürliche Wechsel von Licht & Dunkelheit Spuren hinterlassen. Spuren in unserer Genetik und in unserem Verhalten.

Licht steht für Leben, Sicherheit und Wohlstand. Mit der Dunkelheit hingegen verbinden wir Gefahr, Unklarheit oder das Verstecken von unschönen Dingen. Und so vertreiben wir seit der Erfindung der Elektrizität zunehmend die Dunkelheit aus unserem Alltag. Mit teils weitreichenden Folgen für unsere Gesundheit.

Eine kurze Geschichte des Lichts

Seitdem es Leben auf der Erde gibt, sind wir dem regelmäßigen Wechsel von Hell und Dunkel ausgesetzt. Schließlich konnte man zu Beginn nicht wirklich etwas dagegen tun. Wie auch, dreht sich die Erde doch immer weiter. Und je nachdem, wo auf ihr man sich befindet, drehen wir uns mit ihr, im Wechsel der Jahreszeiten, mehr oder weniger regelmäßig zur Sonne hin bzw. von ihr weg.

Dann vor etwa 500.000 Jahren (lt. archäologischen Befunden) geschah etwas für unsere Spezies sehr Bedeutsames: Die Nutzung des offenen Feuers. Zuerst vorwiegend als Wärmespender und Kochstelle verwendet, entwickelten sich später aus dieser ersten Form des Kunstlichts die Öllampen. Im 17. Jhd. begann man in einigen europäischen Städten die Straßen mit Öl- oder Talglampen zu beleuchten. Die Reichweite dieser Lampen war so gering, dass sie bei Mondschein meist gar nicht erst angezündet wurden. Auf Öl folgte Gas. In Wien waren für die Tätigkeit des Laternenanzünders zu Beginn des 20. Jhd. noch über 600 Personen beschäftigt!

Doch der Durchbruch kam gegen Ende des 19. Jhd. mit der Erfindung der Glühbirne und dem Bau von Kraftwerken. Nun war der Grundstein für eine großflächige elektrische Straßenbeleuchtung gelegt. Und heute vertreibt künstliche Beleuchtung insbesondere im städtischen Bereich die Dunkelheit fast immer und überall.

Soweit zur Geschichte des Lichts, die als Überblick dienen soll und keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Warum? Weil diese kurze Geschichte verdeutlicht, wie lange der Mensch ohne künstlicher Beleuchtung – also im Einklang mit Hell und Dunkel – gelebt hat. Im Vergleich dazu sind evolutionär gesehen, die etwas mehr als 100 Jahre, in der uns flächendeckende Beleuchtung zur Verfügung steht, wie ein Wimpernschlag.

Bild von Alberto Sanchez auf Pixabay

Über den Versuch unsere innere Uhr auszutricksen

Im Laufe der Evolution haben alle Lebewesen nicht nur bestimmte Verhaltensweisen, sondern auch bestimmte Zeiten für diese Verhaltensweisen, entwickelt. Wir Menschen sind tagaktiv, d.h. wir sind am Tag wach und schlafen in der Nacht. Ein Großteil der Menschen macht das auch heute noch so.

Wir versuchen zwar manchmal, dieses Verhalten zu ändern oder anzupassen um noch produktiver zu werden, ja um tagtäglich noch mehr erledigen und leisten zu können. Aber letztendlich ist der Wach-/Schlafrhythmus eine autonome Körperfunktion, die wir nicht willentlich steuern können. Dieser Rhythmus wird Zirkadian-Rhythmus genannt, umgangssprachlich auch oft als innere Uhr bezeichnet, und leitet sich aus dem lat. circa diem = ungefähr ein Tag, ab. Ziel oder Sinn dieser inneren Uhr: Die physiologischen und biochemischen Prozesse unseres Körpers an den Hell und Dunkel Rhythmus anzupassen.

Diese innere Uhr tickt unablässig und bräuchte eigentlich kein Licht von außen. Allerdings beträgt dieser Rhythmus bei den meisten Menschen 24,5 h. Er ist also länger als der solare Tag. Daher brauchen wir das Licht von außen doch irgendwie, denn es synchronisiert unsere innere Uhr auf einen 24 h Tag. Ohne diese Synchronisierung würde jeder Mensch quasi in seinem eigenen Takt ticken.

Ein spannendes Beispiel ist der Versuch des Höhlenforschers Michel Siffre. Er verbrachte 60 Tage in einer 120 m tiefen Höhle ohne Tageslicht und schlief zeitlich im Rhythmus seiner inneren Uhr. Sein Tag dauerte im Durchschnitt eine halbe Stunde länger als der solare Tag. Als sein Team ihn abholte, dachte er, dass die 60 Tage noch gar nicht vorbei wären. 

Wo bleibt der Schlaf?

Wir können unsere innere Uhr also nicht austricksen. Versuchen wir es doch, können Schlafstörungen und andere Krankheiten die Folge sein. Denn Licht während der biologischen Nacht, kann unsere innere Uhr verstellen. Dann wird von unserem Körper anstatt des schlaffördernden Hormons Melatonin, das Stresshormon Cortisol, produziert. Wir können nicht schlafen. Hinzu kommt, dass unser Körper Melatonin eigentlich nur bei Dunkelheit produzieren kann. Machen wir die Nacht zum Tag, fehlt uns dieses Hormon, welches u.a. für die Regenerationsprozesse in unserem Körper sowie ein gesundes Herz-Kreislauf- und Immunsystem einen wichtigen Beitrag leistet. Und zwar weil es die Ausschüttung des Wachstumshormons Somatropin fördert. Außerdem wirkt es antioxidativ.

Kein Wunder, bedenkt man, dass der zirkadiane Rhythmus praktisch in jeder Körperzelle nachgewiesen wurde. Somit ist unsere innere Uhr, welche in einem Teil des Hirns, einige Zentimeter hinter der Nasenwurzel liegt, wie ein Metronom für alle anderen Uhren in unserem Körper (Organe wie zB Lunge, Herz oder Leber). Im Buch „Das Ende der Nacht“ wird das sehr plastisch mit einem Orchester verglichen bzw. als „zirkadianes Orchester“ bezeichnet:

Die innere Uhr umfasst ca. 10.000 Nervenzellen und liegt in den suprachiasmatischen Kernen (SCN) im vorderen Hypothalamus. Man kann ihn eigentlich mit einem Dirigenten eines Orchesters vergleichen, der den 24-Stundentakt vorgibt. Als Noten dienen dem Dirigenten die Gene und über das Nervensystem erreicht er seine Instrumente, die verschiedenen Organe. So hat jedes Organ seine eigene Uhr. Die einzelnen Organe werden aber von der zentralen Uhr, also dem Dirigenten kontrolliert und synchronisiert, damit es kein Durcheinander gibt und eine Melodie entsteht. Diese Melodie wird mit den hormonellen Rhythmen von Melatonin oder Cortisol verglichen: In der Nacht wird Melatonin und das Wachstumshormon produziert, am Tag Cortisol.

Licht auf die Dunkelheit und was nun?

Dunkelheit hat also durchaus auch positive Seiten. Und wer hat es nicht selbst schon einmal gespürt, dass die innere Uhr irgendwie verwirrt ist. Sei es in Form eines Jetlags, wenn wir die Nacht zum Tag gemacht haben oder vielleicht gerade in den letzten Tagen nach der Zeitumstellung. Ich jedenfalls kann es meist ganz deutlich spüren, wenn ich aus dem Takt bin.

Was können wir tun? Wir können einerseits versuchen, etwas achtsamer mit Licht umzugehen. Für unsere eigene Gesundheit und für unsere Umwelt. Denn auch nachtaktive Tiere sind von der starken Beleuchtung betroffen. Unsere Jalousien oder Vorhänge auch verwenden, damit weniger Licht nach draußen dringt. Unsere Häuser nicht die ganze Nacht beleuchten. Warmweißes Licht bevorzugen. Nicht die Gemeinden dazu auffordern noch mehr Straßenlaternen zu installieren (ja, das passiert). Siehe dazu auch die Broschüre vom Land OÖ „Besseres Licht – Alternativen zum Lichtsmog“. 

In unserer heutigen, schnelllebigen Zeit haben wir oft nicht mehr die Möglichkeit in einem natürlichen Rhythmus zu leben. Doch alleine das Wissen, dass wir manche evolutionär bedingten körperlichen Voraussetzungen, wie den zirkadianen Rhythmus nicht aktiv beeinflussen können, kann uns helfen manche Symptome vielleicht zu verstehen oder Gegenmaßnahmen zu treffen. Wie zum Beispiel bewusste Auszeiten aus dem Alltag in Form von Spaziergängen in der Natur zu nehmen, zum Yoga zu gehen oder mit einem Bildschirmfreien Abend.

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